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  • tanjadubas

Lebenssinn auf 35 Tierheimpfoten

Aktualisiert: 15. Nov. 2020

Der Blogbeitrag „Über den Luxus mit mehreren Hunden zu leben“ auf WUFF.eu war der Anstoß für das Interview. Es geht um die Kosten und den Aufwand in der Mehrhundehaltung. Vor allem geht es um die bewusste Entscheidung für ein Leben mit (vielen) Hunden, vor allem aus dem Tierschutz. Weitere Informationen gibt es unter https://www.canis-bonus-hundeschule.com/.



Du beschreibst in dem Blogbeitrag das Unverständnis, wenn Du die Anzahl Deiner Hunde nennst. Hier kannst Du es ganz offen sagen: Wie viele sind es denn und wer ist da alles dabei?


Haha, bei uns leben derzeit insgesamt 9 Hunde. Die 5 Galgos Zaira (12 Jahre), Lotta (12 Jahre), Mathilda (9 jahre), Glenn (9 Jahre) und Stu (ca. 6 jahre), Elsa unser Podenco Mädchen (5 Jahre), Bulldogge Dieter Knödel (10 Jahre) und die beiden Fußhupen Zoe (16 Jahre) und Nacho (12 Jahre).


Wann und wie hast Du Dich entschieden, Dein Leben den Hunden und vor allem Hunden aus dem Tierschutz zu widmen?


Ich war schon als Kind sehr tierlieb, bin mit 12 Jahren Vegetarierin geworden und habe mir nichts mehr gewünscht als einen eigenen Hund. Unser erster Familienhund kam aus dem Tierheim, ein Hund vom Züchter war nie eine Option für unsere Familie. Als ich ca. 15 Jahre alt war, begann ich im örtlichen Tierheim zu helfen, in dem ich von da ab jede freie Minute zu finden war. Ich habe dann meine Ausbildung zur Erzieherin abgebrochen und begann eine zur Tierpflegerin im Tierheim. Ein paar Jahre später, mit Anfang 20, habe ich dann meinen ersten eigenen Hund (entgegen vieler Widerstände) adoptiert.


Warst Du schon immer hundeverrückt oder gab es auch ein Leben „davor“?


Manchmal überlege ich mir, was ich früher in meiner Freizeit gemacht habe, also in meinem Leben 'vor so vielen Hunden'. Aber so ganz viel 'davor' gibt's da nicht, mit steigender Anzahl der eigenen Hunde sank lediglich die Zeit, die ich ehrenamtlich mit anderen Hunden (z.B. im Tierheim) verbrachte. Manchmal vermisse ich Kinoabende oder den Besuch eines Schwimmbades, das sind so Dinge die ich früher ganz gerne gemacht habe und die aber jetzt nur noch sehr selten möglich sind.



Wie viele Hunde haben Dich bereits glücklich gemacht?


Ich durfte mein Leben bisher mit insgesamt 16 eigenen und ein paar Pflegehunden teilen.


Du bietest in Deiner Hundeschule verschiedene Unterstützungen an, u.a. auch Beratung vor der Adoption bzw. vor dem Kauf. Gibt es Deiner Erfahrung nach die typischen Tierheim- oder Tierschutzmenschen?


Würde ich so nicht sagen. Es gibt aber definitiv die 'Nicht-Tierheimmenschen' und das sind in den allermeisten Fällen Familien mit kleinen Kindern, die sich ihren ersten eigenen Hund anschaffen. Die sehe ich leider selten mit Hunden aus dem Tierschutz.


Wie läuft die Beratung ab und wie kannst Du dabei helfen?


Wir (also die Familie und ich) kucken zunächst gemeinsam, was das zukünftige

Familienmitglied alles 'mitbringen muss'. Also gibt's Kinder in der Familie oder andere Haustiere zum Beispiel. Soll der Hund mit ins Büro, gibt's nen Garten oder nicht… Ich mache sowas gerne als Hausbesuch, um mir ein umfassendes Bild von der Familie machen zu können. Und dann gehen wir alle Optionen durch. Muss es ein Welpe sein oder wäre ein erwachsener Hund nicht evtl. viel passender? Ganz oft haben die Menschen konkrete Vorstellungen von einer bestimmten Hunderasse, die aber auch oft gar nicht in deren Leben passt. Da ist Aufklärung wichtig, damit es später nicht zu Dramen kommt. Ich erzähle in den Gesprächen dann viel von meinen Hunden, der Arbeit im Tierheim und räume mit den Vorurteilen auf, dass Hunde aus dem Tierschutz per se alle 'schwierig' sind. Sollte ein Hund aus dem Tierschutz in Frage kommen, helfe ich den Menschen auch bei der Auswahl des Tierschutzvereins und des passenden Hundes. Da ich ja selbst im Tierschutz aktiv bin, habe ich oft schon den ein oder anderen passenden Hund im Kopf :-).


Hast Du einen Tipp, wie man an die Gründung eines Mehrhunde-Haushalts am besten herangeht und ein größeres Rudel managen lernt?


Also ehrlich gesagt wächst man da im Lauf der Zeit hinein. Man schafft sich ja keine 9 Hunde auf einmal an, sondern im Lauf der Jahre werden es immer mehr. Ich denke aber, dass das definitiv nichts für Jedermann ist, denn neben der Liebe zu Hunden erfordert dies jede Menge Disziplin in der Organisation und vor allem auch einen total strukturierten Alltag. Zudem finde ich es wichtig, viel präsent zu sein. Bei uns zuhause ist Herrchen ganztags mit den Hunden zusammen, wenn ich trainieren bin. Anders wär das hier gar nicht möglich. Ich finde es auch wichtig, dass es mit den vorhandenen Hunden soweit gut läuft, d.h. die Hundegruppe (ich spreche bewusst nicht von einem Rudel, denn das würde

voraussetzen, dass die Hunde miteinander verwandt sind) gut miteinander harmoniert und es keine größeren Konflikte unter den Hunden gibt. Und dann gibt es selten ein Problem mit der Integration eines neuen Hundes. Wir leben den Hunden hier außerdem Freundlichkeit vor, unser Umgang mit den Hunden ist entspannt, wir trainieren ausschließlich gewaltfrei (aber natürlich nicht regellos) und deshalb ist es auch mit vielen Hunden sehr entspannt.


Auf Deiner Website hast Du eine Rubrik „In Gedenken“ eingerichtet, in der die bisher verstorbenen Hunde dargestellt werden. Wie gehst Du mit dem Abschied und Verlust eines Hundes um?


Es ist jedesmal einfach schrecklich einen Hund zu verlieren. Zuletzt sind uns zwei Hunde innerhalb von wenigen monaten verstorben die beide auch gar nicht lange hier waren. Danach fühlte ich mich erst einmal mal sehr müde und erschöpft.

Was mich aber tröstet, ist die Gewissheit, dass sie hier geliebt und umsorgt wurden. Etwas was ihnen vorher völlig fremd war. Und so werden wir auch immer wieder alte und kranke Hunde adoptieren, auch wenn der Abschied jedes mal ganz furchtbar ist. In der Tat tröstet es mich dass ein anderer armer Hund dann die Chance auf ein freigewordenes Hundebettchen erhält.


Gibt es in Deinem Umfeld auch Menschen, die nicht nur skeptisch oder negativ reagieren, sondern vielleicht sogar helfen?


Ja! Ich habe mein privates Umfeld eigentlich so gut sortiert dass da nur Menschen Platz haben die das verstehen oder die auch so leben wie wir. Wir alle unterstützen uns mental, vor allem sind wir gut darin uns gegenseitig darin zu bestärken dass ein Hund mehr doch eigentlich immer noch geht :-)


Wonach entscheidest Du, ob und welchen Hund Du noch adoptierst und hast Du für Dich eine Grenze festgelegt?


Unsere Obergrenze liegt bei - momentan - 9 Hunden. Mehr ist nicht möglich, man stößt ja irgendwann auch an seine finanziellen Grenzen. Alte Hunde sind oft krank, benötigen Physiotherapie, etc… Unsere Plätze sind immer alle belegt. Dass heißt, wenn ein Hund stirbt, zieht in der Regel auch ein neuer ein (obwohl ich mir öfter erfolglos vornehme die Zahl dann zu reduzieren). Ein neuer Hund muss lediglich zwei Kriterien erfüllen: Er muss mit Artgenossen gut

klarkommen (wobei wir auch Hunde mit massiven Problemen erfolgreich integriert haben) und 'besonders bedürftig' sein. Zum Beispiel, weil er alt oder krank ist, ängstlich, aggressiv oder aufgrund irgendwelcher anderer Probleme schlecht vermittelbar. Und ich weiß eigentlich immer, ob der jeweilige Hund gut in unsere Hundegruppe passt.


Wie lassen sich Interessenten dafür begeistern und gewinnen, sich einen Hund aus dem Tierheim zu holen statt vom Züchter?

In Gesprächen versuche ich mit Vorurteilen Tierschutzhunden gegenüber aufzuräumen. Die sitzen oft noch tief. So höre ich oft, dass man sich, gerade mit Kindern, einen Tierheimhund nicht zugetraut habe. Ich erzähle viel von meiner Arbeit in den Tierheimen und von meinen Hunden, aber auch von möglichen Problemen, die mit einem Hund vom Züchter auf einen zukommen können. Die unterscheiden sich nämlich meist gar nicht von denen der Tierschutzhunde. Letztlich weiß man ja nur bedingt, was aus dem kleinen Welpen mal werden wird, wenn er groß ist. Für mich ist es inakzeptabel immer weiter Hunde zu züchten, während überall auf der Welt so viele auf ein Zuhause warten. Dies kommuniziere ich auch so.


Fotos: Yvonne Linke

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