Seit drei Monaten hat der kroatische Mischlingshund Cosmo aus dem Asyl Spas in Varazdin bei Christian Wunder aus Schlüchtern ein neues Zuhause. Und nicht nur das: Der Leiter der Sozialen Betreuung eines Altenheims nimmt den ehemals rüpelhaften Jüngling täglich mit zur Arbeit – zur Freude der Bewohner und Kollegen. Geschichte einer besonderen Berufung.
Wie kam es zur Adoption von Cosmo?
Ich hatte schon länger überlegt, mir einen Hund zu holen. Meine Eltern wohnen mit im Haus, allerdings waren sie bisher immer dagegen wegen der geliebten Katze. Ihre Angst war, dass diese „nicht mehr heimkommt“, wenn ein Hund einzieht. Zudem befand ich mich in einem emotionalen Umbruch, da ich mich vor einigen Jahren aus einer traumatischen Beziehung gelöst hatte und meine Energie gerne einem Tier zugutekommen und ihm ein Zuhause geben wollte.
Nachdem ich mir im Internet einige Hunde angeschaut hatte, die immer schon vergeben waren, erblickte ich Cosmo, der damals Georg hieß und von Lesika Hundehilfe inseriert worden war. Ich fand seine Ausstrahlung sehr edel, erhaben und fast schon königlich mit dem schwarzen glänzenden Fell und den treuen Augen. Er hatte 4.800 Besucherklicks, aber ich dachte, egal, ich probier’s und habe meine Bewerbung mit Fotos usw. an die Ansprechpartnerin geschickt. Am 1. Mai meldete sie sich und beschrieb ihn als ziemlichen Rowdy, der auf der Pflegestelle sämtliche Einrichtungsgegenstände zerlegte. Aber sie fand es toll, dass ich den Hund mit ins Pflegeheim nehmen darf und so lernte ich Georg/Cosmo kennen.
Wie war die erste Begegnung?
Als ich zur Pflegestelle kam, war Cosmo total eingeschüchtert und hat überhaupt nicht auf mich reagiert. Mit Leckerli habe ich ihn dann bestochen und war mit ihm lange spazieren. Als wir dann noch eine Weile bei der Pflegestelle zusammensaßen, kam Cosmo und legte seinen Kopf auf meinen Schoß. Damit war die erste Vorkontrolle für mich als Mensch positiv. Am liebsten hätte ich ihn direkt mitgenommen, aber meine Eltern hatten beide Corona, mein Vater war in Reha und ich musste noch den Hausbesuch abwarten, den dann die Pflegestelle selbst bei mir vorgenommen hat. Am 17. Mai habe ich Cosmo dann endlich abgeholt.
Sie wurden gewarnt, dass er nicht gerade zaghaft ist. Warum haben Sie sich dennoch für ihn entschieden?
Was ich von der Pflegestelle gehört habe, war erst einmal nicht sehr ermutigend und ich habe mich schon gefragt, ob ich mir das antun will. Ich hatte extra eine Box zur Sicherheit geholt und war auf das Schlimmste gefasst. Alles das habe ich nie gebraucht, er zog bei mir ein und war von der ersten Sekunde an lammfromm und ruhig. Als wäre er einfach angekommen und müsste sich nicht mehr gegen die anderen Hunde beweisen. Er gewöhnte sich sofort an meine Mutter, die Katze war auch kein Problem, wir fuhren meinen Vater in der Reha besuchen – als wäre er schon immer bei uns. Um die misstrauischen Nachbarn zu beruhigen, war Cosmo von nun an der „Therapiehund“. Ich weiß nicht, warum, aber ich habe das gespürt. Cosmo war von Beginn an einfach nur lieb und verschmust, wie ein Wunder.
Wie verhält sich Cosmo in der Einrichtung und wie sieht der Tag aus?
Ich arbeite als Leitung jetzt zeitlich so, dass ich ihn morgens nach einem kurzen Gassi prima mitnehmen kann und keinen Schichtdienst mehr habe. Sobald er sein „Herzensbrecher“-Geschirr angezogen bekommt, weiß er, dass es nun zur Arbeit geht und schon auf dem Parkplatz macht er Freudentänze und wird von den Kollegen zum Glück herzlich begrüßt. Wir machen dann gemeinsam unseren ersten Rundgang und Cosmo spielt Ball mit den dementen Menschen. Manchmal kommt noch der Flegel in ihm durch, dann will er den Ball nicht mehr hergeben, aber insgesamt ist er sehr genügsam und hört auf mich. Wenn wir nicht bei den Bewohnern sind, liegt er ganz entspannt unter meinem Schreibtisch. Vor allem alten Damen kommen morgens sogar extra zu mir ins Büro, um Cosmo zu besuchen und zu begrüßen. Sie stehen sogar Schlange, um ihn zu streicheln. Er geht aber erst zu ihnen, wenn ich ihm die Erlaubnis dazu gebe.
Zum Glück mögen auch die Kollegen ihn und haben zum Teil selbst Hunde, so dass auch eine Kollegin aus der Verwaltung mittags mit ihm spazieren geht.
Wie lange hat es gedauert, bis Cosmo sich an den Alltag gewöhnt hat?
Erst war er schon etwas ängstlich bei fremden Menschen, aber warum auch immer hat er sofort gespürt, was los ist. Während ich die Bewohner versorgt habe, hat er sich angekuschelt oder einfach unter den Tisch gelegt, bis ich fertig bin. Ihm war es wichtig zu wissen, wo ich bin und was ich mache, dann ist er zufrieden. Aber es war auch Erziehungsarbeit, anfangs hatte ich ihn an Tischen und Betten angebunden, damit er nicht durch das ganze Haus rennt. Außerdem ist er mir überall hin gefolgt, bis er verstanden hat, was ich mache und wie die Abläufe sind.
Das Freilaufen kam erst nach und nach und gottlob haben die Bewohner keine Angst vor ihm. Die Atmosphäre hier scheint ihm sogar gut zu tun, denn er geht sehr offen und freundlich auf die Bewohner zu.
Welches Geheimnis steckt hinter dieser Wandlung?
Das kann ich wirklich nicht beantworten. Meine Kollegin sagt, er hat einfach eine besondere Gabe. Er unterscheidet ganz klar, ob er einen alten, hilflosen und dementen Menschen vor sich hat oder einen jüngeren. So bellt und kläfft er zuhause und unterwegs die 20- bis 50-jährigen Besucher erst einmal an. Bei den Bewohnern dreht sich ein Schalter bei ihm um, er geht auf sie zu, leckt sie ab und lässt sich schmusen.
Was tun Sie, damit Cosmo so ausgeglichen bleibt?
Das ist schon eine Herausforderung. Wenn wir abends nach Hause kommen, dreht Cosmo auf, als müsste er etwas nachholen. Das ist nach einem langen Arbeitstag schon anstrengend, weil er dann auch nicht mehr so gut hört und keine Grenzen kennt. Mein Hobby ist Geo-Caching und das liebt er, mit mir gemeinsam draußen und im Wald unterwegs zu sein. Ich mache Such- und Fangspiele mit ihm und versuche diese anspruchsvoll zu gestalten, damit er ausgelastet wird. Er ist an die Hundepfeife trainiert, aber sobald er andere Hunde sieht, ist er nicht zu bändigen und hört auf keine Befehle mehr, weil er mit ihnen herumtollen will. Daran muss ich auf jeden Fall noch mit ihm arbeiten.
Fotos: Christian Wunder
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