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Traum vom würdigen Tierheim

Aktualisiert: 24. Sept. 2020

Ute Heberer gründete vor rund 30 Jahren das Tierheim „Tiere in Not Odenwald e. V. (TiNO)“ und ist seitdem 1. Vorsitzende. Im Interview erzählt sie vom Anfang, ihrer Begeisterung für schwierige Hunde und was für sie Tierschutz bedeutet.

Wie kam es zur Idee und Gründung von TiNO?

Zunächst muss ich sagen, das Wort Tierheim kam in meinem Wortschatz nicht vor. Ganz blauäugig kam ich einer Bitte nach, einen Hund ins Tierheim zu bringen . . . Was ich dort sah, entsetzte mich so sehr und nachhaltig, dass die Idee reifte, Tieren zu helfen, damit sie nicht in vergleichbare Institutionen gebracht werden müssen. Da es keine Zufälle gibt, traf ich Menschen, die ähnlich dachten und etwas verändern wollten. Das war die Geburtsstunde von TINO.

Welches Ziel wolltest Du erreichen?

Tiere in würdigen artgerechten Unterkünften zu verwahren, wenn sie schon ihr Zuhause verlieren. Bald nach Gründung kam daher der Wunsch nach eigenem Raum zur Unterbringung der Tiere auf, da es kaum zu schaffen war, alle abgegebenen Tiere bzw. die Fundtiere privat artgerecht unter zu bringen. Früh kam der Wunsch auf, gerade Tiere, die einen sehr schlechten Start ins Leben hatten und sich entsprechend auch so verhielten, zu helfen, ihren Platz zu finden.

Welche Wege musstest Du gehen, um das zu erreichen?

Ich glaube, dass eine wichtige Arbeit dabei die Öffentlichkeitsarbeit war. Man musste den Menschen schon zeigen, wie Tiere in tierheimähnlichen Einrichtungen leben können und sich wohl fühlen, manchmal deutlich wohler als in dem verlorenen Zuhause . . .

An welcher Stelle dieses Weges befindest Du Dich gerade?

Wir haben ein Etappenziel erreicht, wir haben ein wunderschönes Tierheim mit großen Freiflächen für die Tiere, engagierte Mitarbeiter, sehr viele ehrenamtliche Helfer. In den fast 30 Jahren änderten sich allerdings auch die Anforderungen an Tierheime. Waren es z. B. früher die armen ausgesetzten oder an Ketten liegenden Hunde, die man rettete, so sind dies in der Regel nun verzogene grenzenlose Hunde mit Aggressionsverhalten, die ins Tierheim kommen und ganz besonderen, vor allem erfahrenen, Umgang erfordern.

Um den Hunden eine Chance zur Vermittlung zu geben, müssen alle Beteiligten im Umgang mit solchen Hunden geschult werden. Tierpfleger in erster Linie aber auch die Gassigänger z. B. oder Hundetrainer. Dies bedeutet für uns logistische Zusatzaufgaben und ist auch eine finanzielle Herausforderung.

Was gibt Dir Kraft und motiviert Dich?

Von Anbeginn an war es die „Seestern“-Geschichte, die mich durch all die Jahre begleitet und motiviert hat:


„Es war einmal ein alter Mann, der jeden Morgen einen Spaziergang am Meeresstrand machte. Eines Tages sah er einen kleinen Jungen, der vorsichtig etwas aufhob und ins Meer warf. Er rief: "Guten Morgen. was machst Du da?" Der Junge richtete sich auf und antwortete: "Ich werfe Seesterne ins Meer zurück. Es ist Ebbe, und die Sonne brennt herunter. Wenn ich es nicht tue, dann sterben sie." "Aber, junger Mann", erwiderte der alte Mann, "ist dir eigentlich klar, dass hier Kilometer um Kilometer Strand ist. Und überall liegen Seesterne. Du kannst unmöglich alle retten, das macht doch keinen Sinn." Der Junge hörte höflich zu, bückte sich, nahm einen anderen Seestern auf und warf ihn lächelnd ins Meer. "Aber für diesen einen macht es Sinn!“

(Nach der Erzählung "The Star Thrower" von Loren Eiseley (1969))


Aber auch an das Gute in jedem zu glauben, wie Albert Schweitzer einmal sagte: „So sehr mich das Problem des Elends in der Welt beschäftigt, so verlor ich mich doch nie im Grübeln darüber, sondern hielt mich an dem Gedanken, dass es jedem von uns verliehen sei, etwas von diesem Elend zum Aufhören zu bringen.“ Worin siehst Du den Sinn Deiner Arbeit?

Das ist genau diese Geschichte, „Man kann nicht alle Tiere der Welt retten, aber man kann die ganze Welt eines Tieres retten.“

Dabei ist Tierschutz so viel mehr als nur die Rettung einzelner Tiere. Man kann die Welt ein kleines bisschen besser machen, in dem man Menschen überzeugt nachzudenken, sich zu engagieren, zu helfen. Wenn jeder nur ein wenig Gutes tut, dann wird die Welt um so viel besser.


Ihr betreibt „sehr pragmatischen, effektiven und modernen Tierschutz“. Was heißt das?

Wir versuchen schnell und unbürokratisch dort zu helfen, wo Hilfe notwendig ist. Wir berufen uns nicht auf Behörden und schieben die Verantwortung weiter. Wir gehen Probleme an. Wir jammern nicht wegen all dem Elend oder mangelndem Geld, sondern tun aktiv etwas dagegen, auch für die eigenverantwortliche Finanzierung unseres Vereins. Die Menschen sind immer überrascht zu hören, dass wir so gut wie keine kommunale Unterstützung bekommen für unsere Arbeit. Wir stemmen diese Mammutaufgabe alleine. Zum Vergleich: Wir brauchen rund 500.000 Euro pro Jahr und bekommen rund 8000 Euro pro Jahr Unterstützung.

Während alle nach einer kommunalen Katzen-Kastrationsverordnung schreien, kastrieren wir kostenlos schon von Anbeginn alle uns habhaft werdenden freilebenden Katzen, um das Elend zu verringern. Natürlich sind wir für eine Verordnung, die uns das Leben erleichtern würde!


Ihr engagiert Euch besonders für schwierige Hunde. Wie gelingt das?

Meine Begeisterung für Hundeverhalten ist ansteckend! Ich konnte sie weitergeben an unsere Pfleger, aber vor allem an die vielen Ehrenamtlichen. Wir hatten einige Veranstaltungen für Hundetrainer, so dass sich auch aus diesem Kreis viele Helfer um uns versammeln. Aufgrund der Gruppenhaltung und der Möglichkeit der Beobachtung von Hunden finden sich viele hundebegeisterte Menschen, die den Verein unterstützen. Wer sich so intensiv mit Hunden beschäftigt und sie beobachtet, lernt auch einen gesunden Umgang mit Aggressionsverhalten. Die Freude zu beobachten, wie aus einem verhaltensauffälligen Hund ganz langsam ein sozial kompatibler wird, ist tatsächlich ansteckend und viele helfen mit!

Was bedeutet für Dich Erfolg?

Die schwierigste Frage für mich... Ich glaube man kann es als Erfolg bezeichnen, was wir in 29 Jahren aufgestellt haben. Für mich war es eine Verkettung von Notwendigkeiten mit sehr gutem Ergebnis. Erfolg für mich ist, wenn Menschen kommen, die weinend erzählen von einem Tier, dass ich ihnen vor vielen Jahren ans Herz legte und das geliebt wurde bis zum letzten Augenblick. Wenn diese Menschen sich daher wieder an mich wenden, weil sie sich gut beraten und verstanden gefühlt haben, dann sind das schöne Erfolgsgeschichten.

Wenn Du als Tier noch einmal auf Welt kommen würdest, welches wäre das und warum?

Ein Vogel, der sich von Sämereien ernährt, mit wunderschönem Gesang den Morgen begrüßt, ein Nest baut und Kinder aufzieht. Ein schöner Gedanke.

Hast Du Vorbilder?

Es gibt viele stille Helden um uns. Menschen, die selbstlos ihren Weg gehen, um anderen zu helfen. Ich möchte nicht einzelne benennen, deren Name bekannt ist, denn es gibt so viel mehr, die ihr ganzes Leben dafür einsetzen, die Welt ein wenig besser zu machen, Menschen im Umwelt-, Natur-, Menschen- und Tierschutz. Es sind aber auch die Menschen, die jeden Tag verantwortungsvoll mit unserer Welt umgehen, die konsequent vorleben wie es besser geht, obwohl sie belächelt werden. Wenn jeder nur ein wenig fleischfreier, plastikfreier, autofreier leben würde, es würde sich sooo viel verändern und unsere Welt hätte eine Zukunft.

Welches Ereignis hat Dich besonders berührt?

Zu Tränen rührt mich, wenn Kinder kommen und mir ihre Spardose in die Hand drücken, um ihren Beitrag zu leisten. Oder Menschen, die sich kleine Beträge buchstäblich vom Mund absparen und den Tieren spenden . . . Für all die stehe ich in der Verantwortung, sehr sorgsam und wohlüberlegt mit Ressourcen umzugehen. So haben wir im Neubau sehr konsequent versucht, ausschließlich gespendete Materialien zu verwenden, um das uns anvertraute Geld für das Wohlergehen der Tiere ausgeben zu können.

Was rätst Du Menschen, die sich privat im Tierschutz engagieren möchten? Womit wäre den Tieren geholfen?

Tierschutz fängt zuhause an. Beim Einkauf und beim Konsum. Ich kann zum Beispiel nicht billigstes Fleisch oder Eier kaufen mit all dem dahinterstehenden Tierleid, um mich im selben Moment über einen getretenen Hund aufzuregen. Ich kann nicht gedankenlos Umweltgifte in meinen Garten sprühen, aber über Konzerne geifern.

Man muss sich und seine Gewohnheiten sehr kritisch anschauen. Das fängt bei Putzmitteln an, geht über Lebensmittel bis hin zu der Gestaltung des Gartens mit Lebensraum für Insekten, Vögel und Kleinsäuger. Wenn ich die Definition von „Schäd“-lingen, „Un“-kräutern oder „Nutz“-Tieren überdenke und feststelle, dass jedes Lebewesen seine Daseinsberechtigung hat, berücksichtige und respektiere, bin ich Umweltschützer, Naturschützer, Tierschützer! Wenn darüber hinaus noch Zeit bleibt für Engagement im Verein, ist jeder bei TINO herzlich willkommen!


Weitere Information zum Verein gibt es auf der TiNO-Website https://www.tiere-in-not-odenwald.de

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